Regelmässig taucht in diesem Forum auch wieder das Thema „Piratensender auf“. Über deutsche Piraten schweigt man (obwohl solche „Sondersendungen“ beliebte Jagdobjekte sind), Piraten aus dem Ausland und auf Mittel- oder Kurzwelle werden hier aber öfter besprochen. Illegale Sender sind gerade in den östlichen Niederlanden eine Art „Volkssport“, die örtlichen Behörden die den Äther überwachen haben manchmal schon ihre Probleme den vielen „Piratjes“ Herr zu werden. Traditionell sind während der Weihnachtsfeiertage viele Piraten „aan de band“. Ein Kollege aus dem oben erwähnten UKW/TV-Forum hat über einen Umweg die Adresse des Piraten „KerstTrio“ zugespielt bekommen. Gemeinsam mit ihm habe ich mich auf den Weg in die niederländische Provinz Overijssel gemacht um mir das Schauspiel einmal live anzuschauen.
Einige denken bei Piratensendern sicher an Leute die sich heimlich auf ihren Dachboden schleichen, neben ihrer Antenne ein Programm zusammenbauen und dabei die ganze Zeit ängstlich aus dem Fenster schauen ob nicht ein Peilwagen vor der Tür kreist (illegales Senden ist ein nicht gerade günstiges Hobby). Nicht so in Twente. Dort werden grosse Antennenmasten aufgestellt (in diesem Fall war er knapp 85 Meter hoch!), manche Sendeleistungen liegen weit im zweistelligen Bereich und reichen aus um halb Norddeutschland zu versorgen. Das Programm der Piratensender besteht auch nicht aus irgendwelchen politischen Parolen oder irgendwelchen abgefahrenen, esoterischen Inhalten, sondern aus deutschen und niederländischen Schlagern. Zwischendurch gibt es Grüsse an andere Piratjes oder an Leute die sich via SMS oder Anruf gemeldet haben.
Der Pirat den wir besucht haben nannte sich wie gesagt „KerstTrio“ („Weihnachtstrio“). Seit etwa 10 Jahren ist dieses Team um die Weihnachtszeit On Air. Gesendet wurde auf 97,0 MHz, das „Studio“ (war übrigens in einer Gaststätte aufgebaut) bestand aus CD-Playern und Plattenspielern, Computer und Sendeautomationen sind hier ein Fremdwort, die Musik wird von Hand „gedraait“. Die Ausgangsleistung der Rohde & Schwarz-Senders lag bei ca. 12 kW (gespeist von einem Diesel-Notstromaggregat), hinzu kamen insgesamt 8 Dipole an dem knapp 85 Meter hohen Sendemast (der übrigens sehr abenteuerlich befestigt war). Diese zugegeben abenteuerliche Konstruktion schaffte es locker mehr als 100km zu überbrücken (in und um Osnabrück war der Empfang etwas schwierig da auf der gleichen Frequenz WDR 3 mit starkem Signal zu empfangen ist), 30km weiter westlich (ab Ibbenbüren etwa) kam der Sender Dank lauter und breiter Modulation sehr gut an (streckenweise sogar besser als der öffentlich-rechtliche Sendestandort „Markelo“ der knapp 40km weiter westlich liegt – die Reichweite war also ähnlich). Hier noch ein paar optische Eindrücke:
Der Lieferwagen zeigt in etwa wie gross der Sendemast ist
Hier ein Blick auf die ziemlich dünnen Abspannseile...
... und so waren sie befestigt (mittels Knoten an einem Bagger)
Über diese acht Dipole wurde das Programm abgestrahlt (Richtung Osten)
Das technische Herzstück der Anlage: Der gelbe Anhänger ist das Notstromaggregat, im schwarzen Kasten befand sich höchstwahrscheinlich der Sender
Hier noch einmal ein Blick über den Sangean auf den Sendemast...
... und eine Momentaufnahme aus dem dynamischen RDS (das Abfotografieren war ein Künsttück, die Kennungen wechselten sehr schnell)
Das „KerstTrio“ wurde übrigens nicht von den Behörden ausgehoben. Sie hatten zwar verstärkte Aktivitäten angekündigt, Scans über das UKW-Band zeigten aber, dass es fast unmöglich war die Piraten stillzulegen, auf sehr vielen Frequenzen waren Schlager und Moderationen mit starken Echo-Effekten zu hören. War eine sehr lustige und interessante Erfahrung, wer mal in die Niederlande fährt (und hier vor allem die nordöstlichen Landesteile), wird sicher einen oder mehrere „Piratjes“ empfangen können. Mehr Infos zu diesem Thema, Empfangsberichte u.ä. gibt es übrigens auf www.etherpirateninfo.net (Niederländisch-Kenntnisse vorausgesetzt).
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